Berufstätige Frauen, mitten in den 30ern, Single: "Wenn ich einen Mann kennenlerne, haben sie alle schon eine Frau."
Ihre kulturwissenschaftliche Promotion ist die einzigste weibliche Führungskraft an der Universität. Ihr Appartement ist recht spartanisch ausgestattet; die Einrichtungsküche wirkt so aufgeräumt, als wäre sie noch nie zuvor genutzt worden. Anna ist gerade sehr fleißig mit dem Motiv ihrer Mittdreißiger. Aber seit sie in geschmalkalden wohnt, hat sie das Gefühl, dass ein großer Berufsstand nicht alles ist.
Die Frauen in den 30er Jahren über Kind, Geschlecht und Selbstverwirklichung" von Christine Färber und Simon Unger erzählen Anna von ihren innerlichen Unruhen: "Auf der einen Seite sind ihr bei der Arbeit und in der Beziehung Selbständigkeit und gleiche Rechte sehr bedeutsam. Auf der anderen Seite hat sie als Single das Bedürfnis, dass in ihrem privaten Leben jeder an ihr vorbeikommt - und auf einmal möchte sie, dass ein Mann sie in ein entferntes Dorf bringt.
Es zeigt, wie es - gerade für Frauen - immer noch mühsam sein kann, sich gegen soziale Standards zu verteidigen und seinen eigenen Weg zu ebnen. Meine Schwerpunkte im Berufsleben lagen schon immer auf dem Berufsleben. Weil von aussen mein ganzes Privatleben jetzt gut aussieht: Alle anderen bekamen ihre eigenen vier Wände und heirateten und bauten ein eigenes Gebäude, und ich kam gerade an einem anderen Ort an.
Das war zwischen 25 und 30 noch nicht so extremen Ausmaßes, wir waren alle auf dem gleichen Weg: Training, erster Arbeitsplatz, das war ein gemeinsames Ziel für uns alle. Auch wenn jetzt alle geheiratet haben, wer ist dann für mich da? Auch wenn jeder Mensch eine Ehe eingeht und ein Kind hat, wer wird dann für mich übrig bleiben?
Und wenn ich die Menschen kennenlerne, haben sie alle schon eine Ehefrau, die sich um die Kleinen zu Haus kümmert, während der Mann durch die ganze Weltgeschichte geht, sich selbst erkennt, seinen Berufsstand ausübt und am Abend oft sogar schöne Kollegen hat. Mein letzter Partner brach zusammen, weil er deutlich sagte: "Ich habe meinen Arbeitsplatz, ich bin Diplomingenieur, ich bring das Kapital nach Deutschland.
Er wollte, dass ich meine Arbeiten aufschalte, ihn geheiratet und ein Kind habe. Weil meine innerliche Stimmlage mir immer wieder sagt, dass ich hier bleiben muss, bis ich einen neuen Arbeitsplatz erhalte. Sonst wirkt es dumm in meinem Leben. Sie mögen mich nur, weil ich bin, wer ich bin, und nicht, weil ich der Leiter eines International Office bin und eine Dissertation verfasst habe.
Mit einem Kooperationspartner möchte ich auf Achse sein und mich nicht immer ganz auf mich selbst stützen müssen."