Was tun wenn der Partner Fremdgegangen ist

Bei der Paartherapie sind seitliche Sprünge ein immer häufigeres Problem, wie die nachfolgenden Beispiel (Namensänderungen) zeigen: Caroline (41, Zahntechnikerin) und Thomas (48, Wirtschaftsingenieur) sind in meine Kanzlei gekommen, nachdem festgestellt wurde, dass Thomas mit einer viel jünger gewordenen Arbeitskraft (Tina, 29) die benachbarte Abteilung seines Unternehmens verlassen hatte. Er wollte die Sache natürlich verschweigen, aber die Beziehungen zu der kleinen Dame hatten ihn so sehr verwandelt, dass er den Anlass dafür nicht lange verbergen konnte.

Nach Carolin war Thomas jetzt genauso, wie sie es sich immer vorgestellt hatte - und das durch eine andere Person. Er und Carolin waren seit 15 Jahren ein Ehepaar und hatten zwei 12- und 14-jährige Nachkommen. Das Kribbeln in der Liebe war für beide Seiten erfreulich, und die erotischen Erfahrungen aus dem Alltagsleben waren in all den Jahren viel zu kurz.

Caroline hat Teilzeit gearbeitet, sich um die Betreuung der Kleinen und den Hausstand gekümmert und einige freiwillige Tätigkeiten innegehabt. Er war sehr beschäftigt in seinem Job und im Sport tätig. Als Thomas und Tina nach einem Firmen-Seminar etwas betrunken im Schlaf lagen, hatte er das Gefuehl, als sei er wieder da. Mit Tina fühlt er sich sehnsüchtig und einmalig.

Die folgenden Woche haben sie sich insgeheim immer wieder getroffen und Thomas hat Tina oft kleine Präsente gegeben. Die Faszination für diesen gereiften und routinierten Mann, der trotz allem seine ganze jugendliche Frische nicht eingebüßt hatte. Thomas hatte das nicht geplant. Seine gesicherte Heirat mit Carolin wollte er nicht abgeben, aber für eine Zeit lang zog er es vor, die Weinbeeren aus beiden Verhältnissen zu pflücken.

Carolin fragte ihren Mann nach den offenkundigen Änderungen und gestand seine Untreue, und Carolin forderte mich in Verzweiflung. Zwei Jahre lang waren Karin (47, Fotografin) und Hans-Peter (44, Industriedesigner) dabei, als sie mich um Hilfe baten. Vor Hans-Peter hatte Karin mehrere stabile Kooperationen, von denen keine mehr als fünf Jahre dauerte.

Mit Hans-Peter hatte sie endlich einen Partner gewonnen, mit dem sie viele Hobbies teilte. Der Hans-Peter hatte gerade eine ermüdende Hochzeit hinter sich. Wenn er Karin auf einer Fotofahrt trifft, verknallt er sich in sie. Sie baten mich um meine Mithilfe, nachdem Karin einen Ex-Freund bei einer Öffnung im Freien kennen gelernt hatte und mit ihm im selben Zimmer lag.

Zuhause hat sie Hans-Peter von ihrem Affront erzählt, weil sie keine Verschwiegenheit vor ihm haben wollte. Hans-Peter, eine zusammengebrochene Erde, fühlt sich betrogen, ratlos und vereinsamt. Von den vielen Ehepaaren, die im Lauf der Jahre wegen einer Angelegenheit in meine Kanzlei gekommen sind, habe ich diese beiden bewußt gewählt.

Carolin und Thomas sowie Karin und Hans-Peter machen ganz klar, warum es überhaupt einiges gibt. Angelegenheiten sind in der Regel ein Versuch, partnerschaftliche Lösungen zu finden. Wie bei Carolin und Thomas kann ein familiäres und gefahrloses Zusammenleben sehr vorhersehbar und damit auch öde sein.

In diesem Fall suchen die Partner oft nach Vielfalt und Sicherheit. Mit Tina erfährt Thomas ein emotionales Erlebnis und lange verpasste Erlebnisse aus dem Alltagsleben. Vor Tina verhält sich Thomas wie ein verknallter Jugendlicher. Es gab schon lange nicht mehr so gefühlsbetonte Flüge mit Carolin.

Karin fühlt sich auch durch den One-Night-Stand mit ihrem Ex-Freund bestärkt, befreit und mitbestimmt. Wer speziell nach einem Affäre Ausschau hält, wird auf Online-Portalen und bei Dating Aps fýndig. Wenn Ehepaare in meine Übung kommen und mir deutlich wird, dass es ein Dreieck ist, ist es mir sehr am Herzen, niemanden sittlich zu beurteilen und nicht in den Bereichen "Täter" und "Opfer" zu suchen.

Für den Betrüger ist die Lage natürlich komplizierter und ruft die stärksten Empfindungen hervor. Nichtsdestotrotz sollte ein Affäre nicht dämonisiert werden, sondern als Versuch, existierende Beziehungsprobleme zu lösen. Eine wesentliche Vorraussetzung für die Konsultation ist die Kooperationsbereitschaft beider Partner in einem offenem Verfahren. Bei Carolin und Thomas konnte herausgefunden werden, aus welcher Interaktion von Verhaltensweisen in ihrer Partnerschaft die äußere Verbindung zu Tina überhaupt entstehen könnte.

Indem sie die Geschichte ihres Paares aufrollten, wurde klar, dass ihre Hochzeit nur durch ihre eigenen vier Wände und die Hypotheken auf das Wohnhaus zementiert wurde. Der Fall des Außenverhältnisses erlaubte keine Umgehung dieser Konflikte mehr. Caroline und Thomas haben sich diesen Problemen gestellt und nach einigen Therapiemonaten beschlossen, ihrer Hochzeit eine neue Perspektive zu eröffnen.

Karin und Hans-Peter haben sich diesem Prozeß ebenfalls gegenübersehen. Bei der Konsultation wurde beiden klar, dass ihre Beziehungen auf einem sehr wackligen Boden beruhen. Als Hans-Peter bemerkte, dass er immer noch sehr viel mit seiner Ex-Frau und den Kinder zu tun hatte, war er auf der Suche nach einer Rettungsaktion in Karin. Er war nicht einmal für eine neue Partnerschaft zu haben.

hatte sich Karin von Beginn an verengt angefühlt. Beiden war klar, dass weder Alleinsein noch Mitgefühl ein tragfähiges Beziehungsgefüge darstellten und dass die Gemeinsamkeiten dies nicht hinreichend kompensieren konnten. Gelingt es einem Ehepaar, den Kummer und die Beleidigung, die eine Angelegenheit im Verlauf der Behandlung mit sich bringen kann, zu bewältigen, haben beide Partner die Möglichkeit, darüber zu sprechen, was sie in der Partnerschaft und in ihrem eigenen Umfeld nicht gelebt haben, und die zugrunde liegenden Verstopfungen aufzulösen.