Wer eine Zeitlang in Moskau wohnt, wird Erfahrung mit Russinnen haben. In sehr subjektiver Weise erzähle ich, was ich erlebt habe, was ich zugänglich gemacht habe und was mir russische Freunde und russische Damen über das Geschlechterverhältnis gesagt haben, die davon ausgehen, dass etwa ein Drittel aller Menschen in den vergangenen 20 Jahren emigriert ist oder verstorben ist.
Jeder Mann wird einmal mit fragwürdigen Vorschlägen von Eheagenturen in Russland bedrängt, die sagen, dass russische Damen immer noch freundlich zu den Herren sind, ganz anders, etwas Traditionelles, aber verlässliche und gute Partner. In der Tat entsprechen die Verhältnisse zwischen Russinnen und Europäerinnen internationalen Standards, und die Differenzen zwischen Russinnen und Europäerinnen sind viel grösser als die zwischen Russinnen und Europäerinnen.
Moskau mit seinen schätzungsweise 15 Millionen Menschen ist etwas ganz Spezielles in Russland. Dies ist nicht nur, weil Moskau ist die Großstadt des Geschäfts, schnelles Geld und modernes Wohnen in Russland konzentrierte sich in den 4-5 grössten Städten - auf dem Lande etwa jeder vierte Haushaltsvorstand hat ein Handy und es gibt kein Internetzugang -, sondern auch wegen der sozialen Position der Moskowiter in der sowjetischen Bevölkerung und ihrer speziellen Sitten.
Moskowiter sind im restlichen Russland nicht sehr populär. Dabei kommen die Russinnen und Russen aus aller Welt nach Moskau, um Geld zu verdienen oder zu lernen, und die wenigsten Moskaus sind in Moskau zur Welt gekommen. Vor allem aber gibt es in Russland, wie immer, große Differenzen, die weitaus grösser sind, als wir es in Europa gewöhnt sind, und es ist wesentlich gefährlicher, sie zu vernachlässigen, als es in Europa der Fall wäre.
Es kann nicht nur einige - manchmal sehr unerfreuliche - Überraschungen an jeder Stelle Russlands geben, die Menschen und vor allem die Moskowiter verhalten sich viel weniger einheitlich, als ich es aus dem bürgerlichen Deutschland oder den USA oder Großbritannien kenne: Es gibt Moskowiter, die wütend sind, wenn man nach dem Weg als Fremde verlangt und es gab Moskowiter, die mich schon freundschaftlich in englischer Sprache adressiert haben - russische Menschen reden meist nur in russischer Sprache - und ihre Mithilfe boten, als ich nach ihm suchte.
Dies führt uns zu den ersten Lehren für ein Dasein in Moskau: Lehre 1: Glauben Sie nicht, dass Sie vorhersagen können, wie die Moskowiter werden. Übung 2: Jeder, J-E-D-E-R, erkennt, dass Sie durch Ihre Kleider, Ihr Aussehen, Ihre Gesichtsausdrücke und Gesten ein Fremder sind. Bei einem Spaziergang durch die Strassen Moskaus fällt einem auf: Zwei Sachen auf: Das ist das Wichtigste:
Man lächelt niemanden an - zum Beispiel, um Güte zu beweisen -, sondern lächelt etwas an, so dass man Freunden nur lächelt, wenn keine Missverständnisse drohen, aber keine Ausländer. Fremde anzulächeln wird als unhöflich und im Wirtschaftsleben beispielsweise als unangebracht minderwertig angesehen.
So können die Menschen in Russland sehr hart auf Probleme eingehen, aber das ist nicht auf Unempfindlichkeit oder Strenge zurückzuführen, sondern zeigt lediglich Unverstehen. Dementsprechend sind die Menschen in Russland im Durchschnitt nicht zufrieden, sondern von ihrem eigenen Schicksal betroffen, weil sie sich selbst und schwere Belastungen in skrupelloser Selbstausbeutung zur Nutzbarmachung und wieder zurückziehen.
Das hat zur Konsequenz, dass das Personal in Russland - es sei denn, es geht darum, es zu verbergen - eher unreguliert ist und viele Menschen in Europa es ganz anders sehen, als Unannehmlichkeit, als Naturbelassenheit, als Freundlichkeit, als Naivität aber auch als Unterwürfigkeit. Aber all diese Kennzeichnungen sind hier offensichtlich unangebracht, weil es oft an Terminologie mangelt, die eine spezielle Beachtung der vertrauten Sachen erlaubt.
Lesson 3: Viele Moskowiter können sehr stark sein, sie sind enttaeuscht, betrübt, veraergert, beladen und ueberhaupt nicht gluecklich und ueberschreiten deshalb manchmal alle Mauern. Das sind natürlich mehr oder weniger meine Schlussfolgerungen und Vorstellungen, und man kann sich nicht ausmalen, dass man über solche Dinge nur mit den russischen Bürgern sprechen kann:
Heute sind die Rußländer besonders national, besonders die asiatischen Fremden, und obwohl sie selbst Rußland und sein eigenes Regime, die starke und lästige Buerokratie und die allgegenwaertige Bestechlichkeit - und übrigens auch das Bildungswesen, das die Ordnung komplett verliert - heftig bemaengeln, haben sie keine Zoeger, wenn es darum geht, die Bedingungen in Rußland zu verschönern: Man ist ja Auslaender und der Zweite Weltkrieg ist in den Gedanken noch lange nicht in Vergessenheit geraten.
Lehre 4: Als Fremder kann man den russischen Bürgern nicht trauen. Zudem sind die russischen Bürger viel formeller als wir und ihre Gemeinschaft ist viel hierarchischer: (3) Menschen grüßen und verabschieden sich, ein heiteres "Hallo" ist nur unter befreundeten Menschen möglich. Besonders geachtet wird das Lebensalter, z.B. in der Grußformel, in der auch der Namen des Vaters genannt wird, und nur Ältere und Damen in der U-Bahn Platz nehmen, während der Mann natürlich steht.
In Moskau sind Rangordnungen viel bedeutender als in Deutschland, die Menschen sind auf ihre Stellung, ihr Gehalt stolzer, sie zeigen es demonstrativ und glänzend in Gold und erwarten, dass der Ehrfurcht der anderen in ihren Manieren festgehalten wird. Die selbstverständliche Hierarchie in Russland, die auch die Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen regelt, darf man nicht unterbewerten, und als Ausländerin wird man auch nicht in sie hineingezogen, sondern muss es selbst herausfinden:
Lesson 5: Was in Russland bei weitem am besten klappt, ist ein Kommando oder ein Erlass einer Vorgesetzten. Dies ist in der sowjetischen Kunst fest verwurzelt, und selbst die eigene Grobheit verdient in Russland mehr Achtung als ein Schütteln des Kopfes. Interessant ist jedoch, dass Mann und Frau nicht den gleichen Platz in der Hierarchie einnehmen, es gibt keine Geschlechtssymmetrie, aber für die Frau läuft alles etwas anders.
Die Männerregeln finden auf sie keine Anwendung, die Rolle der wunderschönen, unzugänglichen und stolz wirkenden Fürstin überwiegt. Frühe Heirat ist DAS Status-Symbol für russische Damen und eine über 25-jährige hat wenig Aussicht auf eine eigene Gastfamilie. Das Glitzern beherrscht die Damenmode dementsprechend, und russische Damen bekämpfen sich in der Bevölkerung heftig, um den besten Auftritt zu erzielen.
Obwohl der Mann in Moskau jeder einzelnen Person gegenüber höflich und zuvorkommend ist, ignoriert die Dame in Moskau die männlichen Kollegen im besten Falle, erwartet aber, dass jeder ihrer Wunsch von den männlichen Kollegen rechtzeitig befriedigt wird. In dem unvorteilhaften Falle bringen sie ihre Geringschätzung auch gegenüber fremdartigen Menschen auf der Straße durch geeignete Gebärden zum Ausdruck.
Normalerweise heißen sich beide nicht willkommen, wenn sie sich auf der Straße oder an der Universität treffen: Das Weib wird schlicht und ergreifend erkannt. In Russland ist Weiblichkeit eher unbedeutend und hat auch kaum Ausgangspunkte, da die russische Ökonomie und die russische Bevölkerung viel mehr auf Weiblichkeit als auf Männlichkeit angewiesen ist: Russische Manner werden als unverläßlich und unsachgemä?
Interessante und gut bezahlte Stellen werden häufiger von Männern und Männern besetzt als von anderen, weil sie dreckig, gefährdet oder schlichtweg unerfreulich und schlecht bezahlbar sind. In Russland gibt es jedoch kaum eine staatlich geregelte Seniorenbetreuung und in der Regel hält die Frau die Familien zusammen, erzieht die Kleinen, verdient das nötige Kleingeld, kümmert sich um die Erziehungsberechtigten, die Angehörigen, die Schwiegereltern und versucht, den Männern die Flucht zu ersparen.
Nichts davon kann geleugnet werden und eine Ehefrau zu sein, kann in Moskau sehr schwer sein. Nur in den vergangenen Jahren kann man eine sehr zielgerichtete und ohne Alkohol auskommende kleine Schar jugendlicher Menschen beobachten, die mit aller Macht versucht, etwas aus ihrem Dasein herauszuholen. Vor den Eigenheiten in Russland zu warnen, schirmt in persönlichem Bezug als Europäerin kaum davor ab, in Russland viel Unrecht zu tun, und es gibt kaum Möglichkeiten, dies wieder aufzufrischen, da Russland meist auch in nicht sehr offenen Verhältnissen oder freundschaftlichen Verbindungen lebt, viele Emotionen verbergen oder gar nicht auszudrücken vermag und dass man ein Problemfeld erörtern und durch Streitereien ausräumen kann, kommt nur in der jüngeren Zeit vorwärts.
Es gibt auch viele Aberglaube, wie z.B. sich nicht über eine Schwelle zu sagen, sich zu küsst oder den Abfall im Dunklen rauszuholen, weil er Pech bringen soll. Unglücklicherweise ist die Gastfreundlichkeit in Russland überwältigender als höflich, denn als Gäste haben Sie viele Aufgaben, den Gastfamilien zu einem exzellenten Gastland zu verhelfen.
Weil es erst richtig ärgerlich wird, wenn man herausfindet, wie es mit den Russen geht. Es ist wichtig zu wissen, dass es eine weitläufige Meinung gibt, dass etwa ein drittel der Russen vermisst, verstorben oder emigriert sind - und das ist das bestgeeignete drittes! Es ist irrelevant, ob dies wirklich der Fall ist, denn das ist es, was die Russen denken.
Erstaunlicherweise führen die russischen Frauen jedoch nicht zu dem Schluss, dass die verbleibenden Frauen zu ihrem eigenen Nutzen gepflegt und das Beste gesucht werden sollte, sondern zu der Gewissheit, dass ein Mann, der ihnen gegenübersteht, wahrscheinlich ein Misserfolg ist und daher eine Last sein wird, die den Frauen nichts nützt - was für einen Mann in Russland beinahe ein Vergehen ist.
Dementsprechend sollte ein Mann in Moskau auf keinen Fall unschuldig über das Lächeln der Damen lächeln - zum Beispiel in einem Lokal, weil er sich dabei in die Augen sah und nun einfach Güte ausstrahlt. Das wird nämlich oft dadurch bestätigt, dass der Mann von der Dame roh entspannt wird und zusammenscheißt, was er daraus machen würde, und er sollte freundlicherweise dafür sorgen, dass er davonkommt - auch wenn man als Mann kein einzelnes Wort hat.
Diejenigen, die glauben, daraus schlussfolgern zu können, dass russische Frauen überhaupt keine männlichen Wesen wollten und sie nur - wie es in Deutschland üblich ist - als Nutztiere akzeptierten, liegen falsch: Lehre 6: Viele russische Frauen nehmen es an, wenn ein Mann betrügt, weil sie wissen, dass es schwierig ist, einen Mann zu bekommen.
Die russischen Maenner dagegen nehmen nie an, dass ihre Ehefrauen betruegen. Jeder, der mir jetzt antwortet, dass dies ein Gegensatz ist, antwortet mir: "Willkommen in Russland! Die Konkurrenz wird nur zwischen den Damen ausgetragen, die Männerherzen sind auch unter den Verhältnissen der männlichen Knappheit nicht interessiert. Nichtsdestotrotz träumt die Moskauerin natürlich davon, von einem Mann als Fürstin durch ihr ganzes Land geführt zu werden, denn das russische Frauenleben hat eine große Verantwortlichkeit und viele Aufgaben für eine russische Person, und die Möglichkeiten, sich als echte weibliche Person zu verhalten, sind in Russland viel weniger verbreitet als in Europa, wo für viele eine weibliche Lebensweise, die von vielen Männern als ein dominierendes Lebensprinzip angesehen wird und bedauerlicherweise nie als eine rätselhafte Erscheinung empfunden wird.
In Moskau ist eine Person bereits auf einen Mann in Bezug auf das Verhalten wie eine Person abhängig und dementsprechend starr, wenn es darum geht, den Mann im Alltagsleben und auch in großen Fragestellungen weiblich zu machen: So ist die Heirat für russische Maenner viel beschwerlicher als fuer die Deutschen, da sie die volle Eigenverantwortung fuer die Ehefrau, ihre taegliche Unterstuetzung, die Frauenfamilie und den Unterhalt der Ehefrau und ihrer Nachkommen uebernehmen sollen und dies bei Erfolg mit besonderem Desinteresse anerkennen - auch wenn die Wirklichkeit oft ganz anders aussehe.
Deshalb kommt es oft vor, dass russische Mütter unwissentlich von Männern schwanger werden, um sie in die Heirat zu zwingen, denn eine ledig, ohne Kinder ist in der sowjetischen Zivilisation nichts mehr wert. Dementsprechend gibt es oft öffentliche Auseinandersetzungen, in denen den Ehemännern die Unruhen ausgiebig vorgelesen werden, weil sie nicht genug für sie tun.
Außerdem fiel mir folgende, lückenhafte Aufstellung auf: Unterrichtsstunde 7: Der Mann ist immer tätig und macht immer den ersten Gang, für sie wäre das unter ihrer Würde. Lehre 8: Der Mann muss der Russin nachweisen, dass seine Eigenschaften als Lebenswegmacherin für die Person das weibliche Geschlecht rechtfertigt.
Sie muss wunderschön und feminin sein, sonst nichts. Lesson 9: Der Mann zahlt für die Dame alles - natürlich und ohne ein einziges Worte und er zahlt ihr auch alle anderen Verbraucherwünsche. Die geizigen Kerle sind das Allerletzte in Russland. Der Mann nimmt die Dame immer mit nach Haus - und wenn er selbst auf dem Bürgersteig schlafen muss, ist es der Russin scheißegal.
Lesson 11: Die Frau behält immer die Gaben der Herren - auch wenn sie ein Verlobungsring im Gegenwert von mehreren 1000? ist. Lesson 12: Die Frau trifft ihre Entscheidung in und über die Partnerschaft, ohne ihren Ehemann oder gar ihre Beweggründe zu unterrichten. Lehre 13: Die Frau hat nichts anderes zu tun, als sich um das körperliche Wohl ihrer Ehemänner zu kümmern.
Dies ist die gewöhnliche Ausnutzung des Mannes durch traditionelle Vorbilder, und natürlich haben auch russische Menschen darauf mitgespielt. Manche sind so misstrauisch gegenüber der Frau geworden - vor allem, wenn sie über genügend Mittel verfügt -, dass die Frau heute keine andere Möglichkeit hat, als selbst mit dem Mann zu sprechen - was vor allem in Vereinen und Discos der Fall ist.
Sie denken, sie müssen den Menschen etwas anbieten können, auch wenn sie sich nicht denken, was ein Europäer ausmacht. Die anderen sind enttäuscht und nutzen die in Moskau verbreitete Vorgangsweise. Allein in Moskau werden jeden Tag rund 200 Millionen Ryb prostituiert, und die Ursachen, warum sich gewöhnliche Prostituierte ohne Bedarf prostituieren, sind meist einfach: Sie benötigen für die Anschaffung von Luxusgütern Gelder, was nicht gerade das Frauenvertrauen der Maenner untermauert.
Prostitution ist in Russland illegal, aber es wird wahrscheinlich nie zu einer Legitimation kommen, weil diejenigen, die mit Prostitution Geld machen, keine Steuer zahlen wollen und das hat interessante Folgen - was auch typischerweise in Russland der Fall ist. Alles in allem ist meine Diagnostik einfach: Neben vielen Kulturunterschieden besteht die russische Frau auch darauf, Femininität als kreatives Prinzip des Lebens zu erproben.
Weil dies in Russland jedoch nicht so leicht ist, weil die Frau DIE unverzichtbare Unterstützung von Ökonomie und Soziales ist und daher viele unweibliche Aufgaben hat, stürzen sich zunehmend mehr und mehr die Frau auf den Mann, um ihre Fraulichkeit auszuüben, was den geschlechtsspezifischen Umgang erheblich schwieriger und lästiger für den Mann macht.